Wanderweg der deutschen Einheit – 137. Tag

Revierförster Herbert Endler

Tollwut auf dem deutsch-tschechischen Grenzweg

Rosenthal/Ottomühle – Liebenau / 04.08.2010 / 137. Tag

Klaus Ditl aus dem fränkischen Schwabach begleitet uns auch heute. Entlang der tschechisch-deutschen Grenze wollen wir Richtung Südwesten. Hinter der Ottomühle müssen wir über den Mehlsteig nach oben. Auf einem schmalen Weg im Wald kommen laute Motorengeräusche immer näher. Im Geländejeep sitzt der Revierförster Herbert Endler. Er begrüßt uns mit den Worten: „Wollen sie ihren Hund umbringen?“ Er erzählt, dass in den letzten Wochen zur Bekämpfung der Tollwut, per Flugzeug entlang der Grenze, Köder abgeworfen wurden. Wenn Emma einen solchen „Leckerbissen“ erwischt, könnte dies schlimme Folgen haben. Emma muss an die Leine, da wir uns während der heutigen Tour der Grenze bis auf Handbreite nähern werden.

Der Mehlsteig schlängelt sich weiter nach oben. Am Zeisigstein wuseln viele Kinder über den Weg. Sie kommen aus dem Koboldland in Dresden und sind mit ihren Betreuern auf Kindergarten-Abschluss-Tour. Jeder hat einen Stock vorbereitet. Zum Mittagessen wird am Lagerfeuer Stockbrot gegessen. Nach den Ferien wartet die Schule. Alle wollen Emma streicheln, wollen wissen wo wir her kommen. Vom Saarland haben die Kleinen noch nichts gehört. Am Ende meiner Erzählung darf ich ein Gruppenbild machen. Nachdem ich sie auffordere während des Fotografierens „Siessschmier“ zu sagen, lächeln alle.

Verschwiegene Waldwege, Bergauf- und Bergabpassagen, schmale Pfade entlang goldgelber Kornfelder, Wiesenwege mit herrlichen Aussichten bis nach Dresden ins Elbetal. Dieser Wandertag hat alles zu bieten was das Wanderherz höher schlagen lässt. Wir passieren winzige Weiler, kleine Dörfer und sogar eine Wüstung im unmittelbaren Grenzbereich.

Kurz vorm Bienhof schlängelt sich der Mordsgrundbach entlang des Waldsaums. Emma geht ins Wasser, weil ein kleiner schwarzer Hund auf der anderen Seite steht. Emma, normalerweise Wasserscheu, schafft den Weg bis auf die andere Seite. Das Herrchen des Hundes kommt mit einem Pilzkorb aus dem Wald. In seinem Pilzkorb liegen einige Waldchampignons und Steinpilze. Sie hätten noch eine paar Tage stehen können, meint er, aber dann hätten sie vielleicht andere Pilzsammler mitgenommen. Manfred Scheidhauer wohnt in Hellendorf-Rundteil, nur fünfzig Meter von der Grenze entfernt. Er ist verblüfft, dass er mich nun mitten im Wald trifft. Er hat in den letzten Tagen einen Beitrag der Sachsenzeitung über mich und Emma gelesen und erkennt uns sofort. „Wenn ich das meiner Frau erzähle, dass ich sie hier getroffen habe“, grinst er, „sie wird es mir nicht glauben“.

Hinter dem Bienhof folgt ein langer, steiler Anstieg. Anschließend müssen wir bergab nach Oelsen wandern. Einige Kilometer vor Liebenau stoßen wir auf eine Wegtrasse, die von Görlitz nach Aachen führt. „Wanderweg der deutschen Einheit“, heißt der Weg. Auf dem Weg übers Erzgebirge wird er mir noch öfter begegnen.

Der heutige Wanderweg endet am ehemaligen Schulhaus in Liebenau. Im Schatten der Kirche eine letzte Rast. Morgen werden wir nach Altenberg wandern.

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