Wandertipp: Wolfsweg in Merzig

Wo die Wölfe heulen

Die Gegensätze auf dem Wolfsweg könnten kaum größer: Im Merziger Kammerforst schaurig-schönes Wolfsgeheul und später auf dem Klosterberg im Garten der Sinne atemberaubende Stille. Dazwischen schattige Waldwege, bunte Blumenwiesen, ein Wegstück durch eine Apfelplantage und weite Ausblicke ins Saartal. 

Drei graue Wölfe schleichen auf leisen Pfoten am Zaun entlang, als wir uns zum Start am Kammerforst einfinden. Plötzlich streckt einer der „Grauen“ seinen Kopf fast kerzengerade nach oben. Ein langer Heulton zieht durch den Forst. In anderen Gehegen wird der Ton aufgenommen und erwidert. Die Luft ist erfüllt von Wolfgeheul. Gut dass die Zäune hoch genug und stabil sind, schießt es mir durch den Kopf. Einige Fotoschnappschüsse entstehen.

Tatjana Schneider (Foto: Heiko Britz)

Auf breitem Weg, mitten durchs Wolfgehege, machen wir uns auf den Weg. Wenn man Glück hat, kann man einige Wölfe erspähen. Hinter dem Gehege folgen wir der Markierung durch den Wald, überqueren die Straße, die von Merzig zum Kreuzberg führt. Für lange Zeit bietet uns der Mischwald reichlich Schatten, es geht eine Zeitlang stetig nach oben. Doch dann biegt die Wegführung scharf nach rechts und bergab über schmale Pfade und etliche Treppenstufen. Der Weg oberhalb der Grätschlucht ist schummrig. Nur wenig Licht dringt durch. Hoffentlich ist keiner der Wölfe ausgebüchst. Rinnsale durchziehen den Hang, urwaldähnliche Waldbilder wohin man schaut.

Es dauert eine Weile, bis wir den Wald verlassen. Zunächst durchwandern wir eine Waldschneise. Über einen verwunschenen, fast zugewachsenen Pfad verläuft der Weg schräg am Hang. Dann öffnet sich der Wald gänzlich, eine alte Streuobstwiese breitet sich vor uns aus. Der Duft von Wiesenkräutern und unzähligen Wiesenblumen durchströmt die Luft. Leicht bergan stehen wir dann im gleißenden Sonnenlicht mitten in einer herrlich blühenden Wiesenlandschaft. Eine Traumkulisse: unzählige Farbtupfer leuchten aus den Wiesen, dazwischen Hecken und Büsche.

Unter uns im Tal die ersten Häuser von Merzig, weit vor uns, über dem Saartal, der Kirchturm und die Häuser von Orscholz und linker Hand liegt Nohn. Auf einer Bank genieße ich diesen wunderbaren Blick für einige Augenblicke.

Es geht leicht bergab. Dann ein interessantes Hinweisschild, denn der Weg führt mitten durch eine Apfelplantage. Noch nie bin ich bei einer Wanderung mitten durch eine Obstbaumplantage gewandert. Aber hier ist es eindeutig: der Weg führt geradeaus, links und rechts wachsen die Apfelbäume. Wenn wir die Plantage  verlassen öffnet sich der Blick ins Saartal und das Merziger Becken. Unter uns liegt Besseringen und weiter hinter dem Fluss Schwemlingen. Auf einer Sinnesbank kann man diesen Blick länger genießen.

Bis zum „Garten der Sinne“ sind es nur noch wenige Minuten. Auf 32.000 qm sind hier von Hecken eingerahmte Gartenzimmer entstanden. Die Zeit scheint still zu stehen. Neben der außerordentlichen Pflanzenwelt findet der Besucher verschiedene Themenbereiche,  einen Duftgarten, einen Tastgarten und einen Klanggarten, außerdem einen Barfußgarten und ein Labyrinth. Die Farbkompositionen in den Farbzimmern kann man auf den Bänken der  Ruhezonen auf sich wirken lassen. Im Bistro des Gartens versorgen wir uns mit Getränken und genießen auf der Außenterrasse wunderschöne Gartenbilder.

Im Garten der Sinne

Vom Traumgarten zurück in die Traumlandschaft. Bevor wir wieder in den Wald eintauchen durchwandern wir das Hochplateau des Klosterbergs, passieren einige Schrebergärten, durchwandern auf schmalem Pfad eine alte Obstplantage und offene Wiesenlandschaft. Nachdem wir den Wald erreicht haben bleibt es schattig bis zum Wolfspark. Die weitläufige Waldlandschaft bringt uns über Forstwege und schmale Wegführungen mal bergauf, mal bergab zurück zum Ausgangspunkt. Die Wölfe dösen im Sommersonnenlicht. Das Heulen ist verstummt.  

INFO: Wolfspark-Werner Freund

Werner Freund (19332014) arbeitete zunächst als Gärtner, Raubtierpfleger und  Expeditionsleiter. Ab 1955 war er für zwei Jahre beim Bundesgrenzschutz tätig. Danach  wechselte er 1957 zur Bundeswehr und war zuletzt mit dem Dienstgrad Stabsfeldwebel in der Kaserne Auf der Ell beim Fallschirmjägerbataillon 262 in Merzig stationiert, wo er als Ausbilder die truppengebundene Einzelkämpferlehrgänge durchführte und als Tierpfleger das Bataillonsmaskottchen, einen Kodiakbär, betreute.

Wolfsparkgründer Werner Freund

Seit 1972 lebte Freund mit seiner Frau in Merzig. Dort errichtete er 1977 mit Unterstützung der Stadt den Werner-Freund-Wolfspark, der für Besucher kostenlos zugänglich ist.  

Fast 40 Jahre beschäftigte sich Werner Freund mit Verhaltensforschung bei Wölfen, wurde „Wolf unter Wölfen“, wurde Leitwolf der Merziger Rudel. Über 70 Wölfe hat Freund  in verschiedenen Wolfsrudeln aufgezogen. Er schrieb mehrere Bücher über ihr Verhalten, darunter „Wolf unter Wölfen.“  

Das erste Gehege wurde 1977 durch Werner Freund errichtet. Die Grundidee basiert auf der Lehre von Konrad Lorenz, der als Hauptvertreter der klassischen, vergleichenden Verhaltensforschung (Ethologie) gilt. Das enge Zusammenleben mit Wölfen ist die Grundlage zur intensiven Verhaltensbeobachtung. Der Wolfspark ist in seiner Form einzigartig, da hier Wölfe aus vielen Teilen der Erde leben und in ihrem unterschiedlichen Verhalten erforscht und verglichen werden können. Die Wölfe leben so natürlich wie möglich. Zur besseren Beobachtung und Versorgung haben die Wölfe nur zu wenigen Menschen als Bezugspersonen direkten Kontakt. Zurzeit leben 17 Wölfe im Park, in den verschiedenen großflächigen Gehegen finden sich Timberwölfe, Schwedische Wölfe, Mongolische Wölfe, Litauische Wölfe und Polarwölfe. Die Wölfe locken jährlich fast 100.000 Besucher in den Kammerforst.

Bereits zu Lebzeiten hat Werner Freund, Tatjana Schneider als seine Nachfolgerin bestimmt, damit seine Lebensarbeit fortgesetzt wird. Tatjana Scheider, geboren in Brunsbüttel, hat sehr früh in ihrem Leben ihre Liebe zu Hunden und Wölfen entdeckt und wollte mehr über diese Tiere erfahren. Im Laufe der Zeit hatte sie Gelegenheit sich mit vielen führenden Biologen und Wolfsforschern auszutauschen. Über 20 Jahre hat sie gemeinsam mit Werner Freund in Merzig gearbeitet. Seit dem Tod von Werner Freund 2014 hat sie die Leitung im Wolfspark übernommen.

Die Beziehung Mensch Wolf / Wolf Mensch führt sie im Sinne des Parkgründers Werner Freund weiter. Sie möchte zeigen, dass Wölfe keine Bestien sind, sondern vielmehr sehr soziale und hoch entwickelte Raubtiere.

Ziel ist es, die Wölfe so natürlich wie möglich zu halten, um mehr über ihr Verhalten zu erfahren. Durch das aufgebaute Vertrauen wird sie von der Wolfsfamilie nicht als Störfaktor angesehen und kann sich frei unter ihnen bewegen. Betreiber und Eigentümer des Wolfspark Werner Freund ist die Kreisstadt Merzig. Weitere Informationen zum Park findet man unter: www.merzig.de sowie unter www.wolfspark-wernerfreund.de

TOURINFO KOMPAKT

Anspruch: mittelschwere Tour         

Länge:10,1 Kilometer          

Dauer: 3 Stunden.     

Höhendifferenz: 258 Meter

Markierung: viereckiges Schild mit der Aufschrift Traumschleifen Saar Hunsrück und einem stilisierten S + H, zusätzlich der Schriftzug „Wolfsweg“

Anfahrt mit dem Auto: A8 Saarbrücken-Luxemburg, Ausfahrt Schwemlingen, weiter über die B 51 Richtung Merzig-Mettlach, Abfahrt Richtung Kammerforst/Wolfsgehege

Parken: Am Wolfspark

Anfahrt mit Bahn & Bus: Mit der Bahn bis Bahnhof Merzig. Weiter mit der Buslinie 241 Richtung Wolfsfreigehege. Vom Waldfriedhof sind es zirka 5 Minuten zu Fuß bis zum Haupttor.  

Startpunkt/GPS: Am Wolfspark, Waldstraße, 66663 Merzig

Geografische Koordinaten: 6° 38’ 29,5’’O – 49° 28’ 15,6’’N

UTM-Koordinaten: 32 U 329131 5482489

Einkehren: Ellerhof, Ellerhof 1, 66663 Merzig, Telefon: +49(0)6861 / 24 61, www.andreaskranz@t-online.de

Bistro im Garten der Sinne, Eller Weg 11, 66663 Merzig, Telefon: +49(0)6861 / 91 10 68, www.gaerten-ohne-grenzen.de

Wichtige Hinweise: Wer seine Wanderung durch den Wolfspark beginnen möchte startet am Haupttor. Dieses Tor öffnet erst um 9:00 Uhr. Für Hunde ist die Durchquerung des Parks verboten. Eine alternative Route ist ausgeschildert.

Weitere Informationen: Saarschleifenland Tourismus GmbH, Torstraße 45, 66663 Merzig, Telefon: 06861 / 80440, www.saarschleifenland.de

Nachzulesen auch im Wochenmagazin FORUM 16.10.2020

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*