Saarländische Bergbaugeschichte
Im Vorwort zu Johannes Kühns Gedichtband „Zu Ende ist die Schicht“ schreibt der ehemalige saarländische Ministerpräsident Reinhard Klimmt: „Der saarländische Bergbau hat drei Besonderheiten: Er wurde seit dem Ende des 18. Jahrhunderts bis in die nahe Vergangenheit staatlich organisiert und betrieben, er rekrutierte seine Beschäftigten aus der näheren und weiteren Umgebung und er stand in einem fast symbiotischen Verhältnis zum katholischen Glauben.
Prämienhäuser, Wohnkolonien und die entfernter liegenden Dörfer der Bergmannsbauern gaben dem Revier ein eigenes Gesicht. In diesem Umfeld entwickelten sich Traditionen und Verhaltensweisen, die im Charakter des Landes und seiner Menschen heute noch weiterwirken.“
Mit der Einstellung des Steinkohleabbaus im Saarland am 30. Juni 2012 endete eine Ära, die das Land an der Saar mehr als zwei Jahrhunderte wirtschaftlich, sozial und kulturell geprägt hat. Um die Geschichte des Bergbaus für zukünftige Generationen lebendig zu halten sind inzwischen landesweit Orte der Erinnerung geschaffen worden.
Der Erlebnisweg „Nach der Schicht“ stellt das Leben der Bergleute und Ihrer Familien in den Mittelpunkt
Am Beispiel der fiktiven Familie Penth, die durchaus in dem kleinen Bergarbeiterdorf Welschbach gelebt haben könnte, wird anhand von etlichen Informationstafeln und Erlebnisstationen das Leben „Nach der Schicht“ beleuchtet.
Am Start der Wanderstrecke rund um Welschbach wird Familie Penth vorgestellt. Wilhelm Penth, 1897 geboren, war das dritte Kind der Bauersleute Willi und Frieda. Da der ältere Bruder von Wilhelm einmal den elterlichen Hof übernehmen wird, beginnt Wilhelm nach Abschluss der Volksschule mit 14 Jahren eine Ausbildung zum Bergmann auf der Grube in Landweiler-Reden. Mit 24 Jahren lernt Wilhelm Penth auf der Kirmes in Urexweiler seine spätere Frau Maria Linn aus Stennweiler kennen. 1922 wird Tochter Magdalena geboren, es folgen drei weitere Kinder: Johann, Max und Katharina.
Mit Hilfe einer Bauprämie der Knappschaft baut die junge Familie in der Mühlenstraße in Welschbach ein kleines, eingeschossiges Häuschen. Zum Haus gehören eine kleine Scheune und ein Stall für die beiden Kühe, die Ziegen, das Schwein, die Hühner und Gänse. Im großen Gemüsegarten, der die Familie mit Obst und Gemüse versorgt, ist Maria Penth täglich aktiv. Während Wilhelm tagsüber im Bergwerk Reden arbeitet kümmert sich seine Frau neben der Gartenarbeit um den Haushalt und die Kindererziehung. Sie versorgt die Tiere im Stall und verrichtet die meiste Arbeit auf dem Feld.
Nachdem das kleine Industriegebiet von Welschbach hinter uns liegt folgen wir dem Weg zwischen Wiesen und Waldrand. Die nächste Informationstafel skizziert den oftmals beschwerlichen Weg der Bergleute von ihren Wohnorten zu den einzelnen Arbeitsplätzen. Nach der schweren Arbeit unter Tage ging es für Wilhelm Penth nach Feierabend wieder zu Fuß auf ausgetretenen Bergmannspfaden zurück nach Hause. Dort wartete allerdings kein gemütliches Sofa auf den müden Bergmann sondern viel Arbeit rund ums Haus des Bergmannsbauern.
Auf dem Weg zur Ziegelhütte erhalten wir auf weiteren Tafeln Einblicke in die Arbeit des Bergmanns unter Tage. Die Feldarbeit des Bergmannsbauern wird erläutert und es wird der Frage nachgegangen, was eigentlich einen Bergmannsbauer ausmacht.
Hinter der Ziegelhütte sind wir leicht bergab unterwegs, durchwandern einen Grüntunnel, ehe wir am Aussichtspunkt Welschbacher Weit-Blick auf einer Sinnenbank die außerordentliche Weitsicht genießen können. Der Blick reicht von Wustweiler, über den Waldhof oberhalb von Hirzweiler, Urexweiler, zum Schaumberg über Welschbach bis zum Faulenbergerhof. Am Horizont sind die Windräder auf der Freisener Höhe gut auszumachen.
Wenig später flattert auf der grünen Wiese ein weißes Leinentuch auf der Wäscheleine. Die Erlebnisstation zeigt Maria Penth an ihrem Waschtag. Nach kurzer Wiesenpassage sind wir am Garten der Garten- und Rosenfreunde Welschbach angelangt. Dort zeigt uns eine weitere Erlebnisstation Maria Penth bei ihrer Gartenarbeit, außerdem erhalten wir Einblicke über die Geheimnisse des Einkochens und Einweckens, wo die Kartoffeln ordentlich gelagert wurden und wie Weißkohl zu Sauerkraut vergärt.
Hinterm Garten der Rosenfreunde steigt der Weg zunächst leicht an. Wenig später durchqueren wir auf schmalem Pfad den nahegelegenen Wald. Eine weitere Info-Tafel beschreibt das sogenannte Mutterklötzchen, das fast jeder Bergmann versuchte vom Grubengelände zu „schmuggeln.“
Eine weitere Fernsicht wartet: Der Stennweiler Weit-Blick. Linker Hand der Windpark Himmelwald in Ottweiler, Bildstock sowie die Bergehalde mit Alm oberhalb von Landweiler-Reden sind zu sehen. Direkt unter uns am Wiesenrand der Zeisweiler Hof und Wemmetsweiler. Weiter rechts das ehemalige Kraftwerk Göttelborn, das Kraftwerk Weiher sowie der Förderturm der ehemaligen Grubenanlage in Göttelborn.
Der Wanderweg führt sacht bergab. Zwischen der „Fernsichtpause“ und dem wunderbaren Picknickstandort des Weges erkennen wir rechter Hand den markanten Turm des Schaumbergs.
In Hüttigweiler steht in Dorfrandlage die Kapelle „Maria-Königin des Friedens“.
Der Wanderweg führt unmittelbar an der Kapelle vorbei. Ein Wiesenpfad bringt uns bergab zur nächsten Erlebnisstation. Von weitem sind die „Ziegen“ und „Ziegenhüter“ auszumachen. An dieser Station hat man der saarländischen Bergmannskuh ein Denkmal gesetzt. Als „Bergmannskuh“ wurde im Saarland scherzhaft die früher in allen Bergmannsfamilien präsente Hausziege bezeichnet.
Wenig später kommen wir zurück nach Welschbach. Am Dorfrand Einblicke in das Haus eines Bergmannsbauern, am Kinderspielplatz Erläuterungen dazu, wie Kinder früher spielten, von „Hickelheisje bis Gliggerspille“.
Bis wir die geteerten Straßen von Welschbach wieder verlassen weitere Informationen zu Themen wie „Welschbacher Berschleid“ oder was damals so „uff de Disch komm iss…“
Anschließend beginnt die letzte Steigung des Weges. Auf dem Weg zum Hexenberg treffen wir auf die Trasse eines weiteren Erlebnisweges: „Rund ums liebe Vieh“. Beide Erlebniswege verlaufen für eine Weile auf der gleichen Wegtrasse.
Bevor wir die letzten Meter zurücklegen, trennen sich beide Wege nochmals. Am Welschbacher Dorfrand erhaltenen wir Einblicke in den Schulalltag vor 100 Jahren.
Eine letzte Tafel steht am Wegesrand. Hier erfahren wir, dass es Anfang des 20. Jahrhunderts die meisten Bergmannsbauern in unserer Region gab. 1935 wurden im damaligen Saargebiet, das kleiner als das heutige Saarland war, rund 21.000 landwirtschaftliche Betriebe im Nebenerwerb gezählt. 1950 waren es noch 17.000 und die Zahl ging rapide zurück. Wilhelm Penth, unser fiktiver Bergmann aus Welschbach gab 1964 – wie viele seiner ehemaligen Kollegen zuvor schon – seine Landwirtschaft endgültig auf.
Tour kompakt:
Anspruch: mittel
Strecke: 8,7 Kilometer
Höhendifferenz: 180 Meter
Gehzeit: (ohne Lesezeiten): 2:30 – 3:00 Uhr
Wegmarkierung: viereckiges Schild mit stilisiertem Förderturm, Bäumen, Wiese und Ziege in den Farben Grün, Braun, Blau und Schwarz. Dazu die Schrift: NACH DER SCHICHT.
Startpunkt/GPS: Wandertafel am Sportplatz in Welschbach/Gewerbegebiet Rechwies
Anfahrt mit der Bahn: Mit dem Zug bis Illingen. Von dort mit dem Bus nach Welschbach.
Anfahrt mit dem Auto: A1 Saarbrücken/Trier, Ausfahrt Illingen, über Uchtelfangen, Illingen, Hüttigweiler nach Welschbach. Am Ortsende nach rechts in die Straße „Rechwiese“.
Einkehren: Rosengarten Welschbach, Zur kupfernen Hölle, 66557 Welschbach, Telefon: 0171-7846255, Öffnungszeiten nach Vereinbarung
Bäckerei Schäfer, Welschbachstraße 15, 66557 Welschbach, Telefon: 06825-497260
www.baeckereischaefer.de
Pizzeria Sapori d’Italia, In der Au 5, 66557 Welschbach, Telefon: 06825-9231662, Öffnungszeiten: Mo-So 11:30 – 14:00 Uhr, 17:30 – 23:00 Uhr
Nachzulesen auch im Wochenmagazin FORUM Ausgabe 24.November 2017