Wandern auf der Grenze
Die Wanderung, teilweise mitten auf der Grenze zwischen Lothringen und dem Saarland symbolisiert auf besondere Weise deutsch-französische Grenzgeschichte. Wir passieren alte Grenzsteine, genießen außergewöhnliche Fernblicke und bewegen uns durch einen Landstrichzwischen dem Saarland und Lothringen wo man Stille hören kann.
In Leidingen werden die Einwohner fast täglich zu Grenzgängern. Die Straße, auf der die Grenze verläuft heißt in Deutschland „Neutrale Straße“ in Frankreich „Rue de la Frontière.“ Die Dorfbewohner, teils Franzosen teils Deutsche, verständigen sich trotz unterschiedlicher offizieller Landessprachen über die gemeinsame moselfränkische Mundart. Heimatsprache kennt keine Grenzen.
Der Wanderweg ist so aufgeteilt, dass der erste Teil des Weges in Lothringen verläuft, die zweite Hälfte anschließend im Saarland, ehe man über die 1,6 Kilometer lange „Neutrale Straße“ nach Leidingen zurückkehrt.
Die französische Kirche steht etwas außerhalb des Dorfes auf einer Anhöhe am Waldrand. Dort befindet sich auch der Start der Wandertour. Durch den Eberswald und später durch den Dennenwald wandern wir zunächst leicht bergauf Richtung Heining lès Bouzonville. Einige Waldfenster eröffnen wunderschöne Blicke ins stille Land des Saargaus.
Bevor wir den Wald kurz vor Heining verlassen, erkennt man linker Hand noch immer die am Waldrand verlaufenden Schützengräben des Zweiten Weltkriegs.
Die Wandertrasse biegt vor Heining im rechten Winkel nach rechts. Wenn wir die geteerte Straße erreichen, halten wir uns links, überqueren nach wenigen Metern die Straße und biegen in einen Feldweg, der sanft nach oben führt. Wir genießen malerische Blicke über den Saargau, wenn wir zwischen den Ländern unterwegs sind. Nach dem zweiten Pariser Frieden (2. Nov 1815) wurde mitten durch „Deutsch-Lothringen“ die Grenze zwischen Perl und Kreutzwald festgelegt. Durch Streitigkeiten dauerte es bis 1830 bis die ersten Grenzsteine gesetzt wurden. In den Wäldern wurden vier Meter breite Schneisen geschlagen. Auch entlang von Wegen, Bächen und Gräben entstand vier Meter breites Niemandsland, denn auf jeder Seite wurde je ein Grenzstein des entsprechenden Landes gesetzt. An der markierten Linie der Grenzsteine endeten die Hoheitsrechte des jeweiligen Landes. Der Streifen dazwischen gehörte weder zu Frankreich noch zu Deutschland.
Je weiter wir wandern, umso weiter wird der Blick ins Land, über das Saarland hinaus nach Frankreich, Luxemburg, zu den Ausläufern des Hunsrücks und den Schaumberg.
Oberhalb von Heining gelangen wir zu einer Stelle, die im Zweiten Weltkrieg stark umkämpft war. Am schlichten Holzkreuz auf der Höhe heißt es: „Zum Gedenken an die Toten 14.Mai 1940 – A la Memoire des Morts Francais et Allemands.“
Stilles, weites Land im Grenzgebiet. Die Stille scheint hörbar zu werden wenn wir unterwegs sind in einem Landstrich, wo die Grenze gänzlich verschwunden ist. Nur die alten Bundsandsteingrenzsteine erinnern an die Zeit. Ein Land verliert sich ins andere. Sind wir in Frankreich oder in Deutschland unterwegs? Diese Frage stellen wir uns immer wieder.
Wir wandern weiter durchs Ackerland und vorbei an Streuobstwiesen Richtung Ihn. Auf dem Weg dorthin passieren wir oberhalb des Ihner Baches Mauerreste. Es sind die letzten Zeugen eines ehemals 13 ha großen Weinbaugebiets rund um Ihn.
Wir verlassen den Wald bergabwandernd und stehen unmittelbar am Ihner Weiher. Im Sommer ist der Weiher mit unzähligen Wasserrosen übersät. Nachdem wir den Weiher wieder verlassen haben wandern wir parallel zum Ihner Bach im Wald. Bevor wir den Bach mittels Brücke überqueren passieren wir rechter Hand Überreste der ehemaligen Ihner Mühle (3) die im 13. Jahrundert vermutlich im Besitz des Ritters Alard von Inne war. In alten Schriften ist zu lesen, dass sie Äbtissin Appolonia von Gressenich die Mühle 1585 pachtete. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Mühle zerstört und brannte aus.
Nachdem wir das Bachtal verlassen haben durchqueren wir das kleine Dorf Ihn und sind wenige Minuten später nochmals zwischen Wiesen und Feldern unterwegs. Der Wanderweg liegt auf einer Trasse, die teilweise wie ein Heckentunnel wirkt, durch den wir hindurchwandern. Am Ende des Tunnels überqueren wir die Verbindungsstraße zwischen Ihn und Leidingen und müssen ein letztes Mal steigen. Rechter Hand im Tal liegt der Hubertushof. Wir wandern über freie Feldflächen mit Blick über die Höhen des Saargaus.
Leicht bergab erreichen wir die geteerte Straße und biegen im rechten Winkel nach links. Links und rechts der Straße entdecken wir alte Grenzsteine. Die Grenzsteine auf der rechten Seite gehören zu Frankreich, die auf der linken Seite zu Deutschland. Dazwischen führt die Straße im Niemandsland auf neutralem Boden direkt nach Leidingen.
Vorbei am alten Klosterhof führt der Weg zur katholischen Kirche im Saarland. Nachdem wir den Friedhof hinter uns gelassen haben stehen wir am aus Stahl und Steinen gebauten Grenzblickfenster. Das zweite Grenzblickfenster steht auf der Anhöhe vor der lothringischen Kirche, und wer durchs jeweilige Fenster schaut kann die jeweilige Kirche im anderen Land sehen. Grenzlose Blicke nach hüben und drüben, ob durchs Grenzblickfenster oder während der Wanderung durchs Land auf und neben der Grenze.
TOURINFO KOMPAKT
Anspruch: mittel
Strecke: 13,2 Kilometer
Dauer: 4 Stunden
Höhenmeter: 277 Meter
Wegmarkierung: viereckiges Schild, Grundfarbe lila mit der Aufschrift in weißer Farbe Traumschleifen mit stilisiertem S und H und dem Schriftzug Grenzblickweg
Startpunkt: Parkplatz am Waldrand unterhalb der französischen Kirche
Geografische Koordinaten: 49° 18‘ 16.3 N 6° 36’33.7 O
UTM Koordinaten: 32U 3262175464060
Anfahrt mit dem Auto: A620, AusfahrtWallerfangen, weiter über die L170 nach Wallerfangen, dort über die L355 über St. Barbara, Gisingen und Rammelfangen nach Ihn. Dort über die L354 nach Leidingen.
Parken: Parkplatz an der Kirche St. Jeanne d’Arc oberhalb von Leidingen am Waldrand
Anfahrt mit Bahn & Bus: Mit derBahn bis Bahnhof Saarlouis, weiter am Bussteig A oder C zum ZOB am Kleinen Markt in Saarlouis (dauert 7 Minuten), am ZOB weiter mit den Buslinien 421, 422 oder 423 nach Leidingen (Haltestelle Am Brunnen), weiter zu Fuß zum Startplatz (zirka 300 Meter)
Einkehren: unterwegs keine Einkehrmöglichkeit (Rucksackverpflegung)
Nachzulesen auch in der Wanderbeilage FORUM 2017
Jean Louis Kieffer:
De Grenz haut
Als gätt se sich schäämen,
Verstòppt se ihr Stehen
Hénner de Hecken
De Grenz.
For us auzeänner ze dreiwen
Es se ne mehr do
Em Feld, òf der Strooss
De Grenz.
De Grenz hat ihr’t gemach.
Se hat ihr’t gemach
En usem Kopp
En user Sprooch
En us Gedanken
Se hat ihr Strèch gezuu
Do wo se wor, és se ne meh
Un do wo se nii wor, és se do.
De Grenz…
Ropp se raus
Werf se hénner de Hecken…
De Grenz aus dein’n Gedanken.
Jean Louis Kiefer wurde in Filstroff bei Bouzonville in Lothringen geboren, wo er heute noch lebt. Er ist Gründungsmitglied des Vereins „Gau und Gris“, der für die Erhaltung der fränkischen Sprache und Kultur eintritt. Außerdem ist er Mitglied der Bosener Gruppe.
Er war mehrmals Preisträger beim Mundartwettbewerb des Saarländischen Rundfunks und der Saar Bank (Goldener Schnawwel). 1989 erhielt er den „Grand Prix de la Societé des Écrivains d’Alsace et de Lorraine.
Mit dem Text „Mojens fréih iwwer da Hett“ gewann der 2001 die erste „Goldene Völklinger Platt.“