Der Most schmeckt lecker, ähnlich wie „Äppelwoi“ oder „Viez“
Mühlheim am Inn – Simbach am Inn / 12.09.2010 / 176. Tag
Das Land am Unteren Inn erstreckt sich zwischen Altötting und der Innmündung in Passau. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war der Inn ein unberechenbarer Alpenfluss, der vor allem während der Schneeschmelze ungeheuere Wassermassen ins Tal brachte, was ihm den römischen Namen „Aenus“ – der Schäumende bescherte. Um 1900 wurde der Inn in ein enges Bett gezwängt. Durch diesen gravierenden Eingriff in die Natur nahm die Fließgeschwindigkeit rasant zu, der Grundwasserspiegel sank und die Flußauen trockneten aus.
Ab 1939 wurden daher fünf Stauwehre am Unteren Inn errichtet. Dadurch entstanden große Wasserflächen. Es bildeten sich neue Inseln, wie sie ursprünglich im Wildfluss zu finden waren. Offene Schlickinseln verlandeten und neue, unberührte Auwälder entstanden. Innerhalb weniger Jahrzehnte entwickelte sich am Unteren Inn eine einzigartige Flora und Fauna, sodass die Landschaft am Unteren Inn 1976 als Naturschutzgebiet ausgewiesen wurde. 1979 erhielt das Gebiet vom Rat für Vogelschutz den Titel „Europareservat“. Zehntausende Vögel aus allen Richtungen kommen hier zusammen, bevor sie sich im Herbst auf den Weg nach Süden machen oder im Frühjahr wieder in ihre Brutgebiete zurück kehren.
Zwischen Mühlheim und Hagenau kreist ein riesiger Kibitzschwarm über uns, der sich ständig vergrößert. Die Kiebitze scheinen sich zu versammeln, um die Reise in den Süden anzutreten. Ein beeindruckendes Schauspiel.
Bei außergewöhnlich warmen Sommertemperaturen legen wir im Landgasthof „Zur Grille“ in Hagenau eine Pause ein. Helmut Buchner sitzt am Nachbartisch und wenig später bei uns. In den letzten Tagen sind wir an sehr vielen alten Birnbäumen vorbeigewandert. Helmut Buchner klärt uns auf: es sind Mostbirnbäume. Die Birnen werden gemeinsam mit Äpfeln zu Most vergoren. Helmut Buchner trinkt mehrere Gläser davon. Wir sträuben uns anfangs ein Glas zu trinken, denn der Most ist nicht alkoholfrei. Dann hat er uns doch noch überredet. Der Most schmeckt lecker, ähnlich wie „Äppelwoi“ aus Frankfurt oder „Viez“ aus dem Saarland.
Bis Braunau wandern wir durchs Europareservat Unterer Inn. Über eine Brücke verlassen wir schließlich Österreich und sind in Simbach am Inn wieder in Deutschland. In der Pension Göttler mit angeschlossenem Gasthof werden wir übernachten.
Papst Benedikt XVI weilte als Kardinal Joseph Ratzinger am 5/6 Juli 1997 in diesem Haus, heißt es in einer Bildunterschrift im Flur der Pension. Kardinal Ratzinger und sein Bruder Georg waren Ehrengäste beim Silbernen Priesterjubiläum ihres Verwandten, unseres Hochw. Herrn Stadtpfarres Dekan Alois Messerer, Bischöf. Geistl. Rat. heißt es weiter in der Bildunterschrift. Kardinal Ratzinger bewohnte das Zimmer 16. Als ich mir meinen Schlüsselanhänger anschaue, staune ich nicht schlecht: Zimmer 16! Morgen wollen wir zum Geburtsort von Papst Benedikt XVI nach Marktl wandern.