Vom Grenzgänger zum Grenzspringer
Klingenthal – Wildenau / 14.08.2010 / 147. Tag
Heute werde ich zum letzten Mal in Sachsen unterwegs sein. Über die Wegtrasse des Fernwanderweges Eisennach – Budapest verlassen wir Klingenthal. Die steilen Berghänge rund um Klingenthal liegen in dichtem Nebel. Die Vogtland Arena mit der modernsten Skisprunganlage der Welt bleibt für Emma und mich verborgen. Zwischen einer Schrebergartenanlage und der Grenze steigen wir Schritt für Schritt nach oben und tauchen irgendwann im Nebel unter. Der Weg verläuft zwischen Böhmen und Sachsen exakt auf der Grenze. Ich springe hin und her. Mal bin ich in Sachsen mal in Böhmen. Der Grenzgänger wird zum Grenzspringer.
Das Naturschutzgebiet Zauberwald wirkt im wahrsten Sinne des Wortes märchenhaft. Für wenige Sekunden blitzen Sonnenstrahlen durch den Nebel und tauchen den Wald in wundersames Licht. Die Baumwipfel bilden ein schützendes Dach. Wir wandern durch einen Zauberwald. Nur wenige Meter entfernt, kreuzt ohne uns zu beachten ein riesiger Hirsch mit seinen Hirschkühen unseren Weg. Grenzgänger unterwegs zu den besten Rastplätzen.
Wir kommen gut voran. Hinter Erlbach verlasse ich den Fernwanderweg. Suche mir eigene Wege, um über Markneukirchen nach Bad Elster zu gelangen. Die angekündigten Regengüsse bleiben zum Glück aus. Kurz vor Bad Elster verlassen wir das Obere Vogtland in Sachsen und wandern nach Böhmen. Doubrava, Kopaniny und Podhradi heißen die Orte, die wir auf einer kaum befahrenen Landstraße durchwandern. Dann verschwinden wir wieder in den Wald, um nach As zu gelangen. Auf dem Berg Haj steht schlank und schmal der Bismarckturm. Er gehört zu einem Ensemble von Türmen, Gedenksteinen und Denkmälern, die über einen historischen Spaziergang zu erreichen sind. Erinnert wird an die Dichter Friedrich Schiller, Theodor Körner sowie an den Turnvater Jahn.
Auf dem Sockel des Denkmals von Friedrich Schiller war einst zu lesen:
„Selig muß ich ihn preisen
der in der Stille der Natur
Fern des Lebens verworrenen Kreisen
Kindlich liegt an der Brust der Natur“
Den steinigen, steilen Weg hinter uns lassend erreichen wir den Grenzort As, den wir durchqueren müssen. Die Grenze ist bald erreicht. Wir sind in Bayern angekommen. In Wildenau, an der Grenze zur Tschechischen Republik, endet unser Wandertag. Morgen werde ich nochmals im Grenzbereich weiterwandern. In zwei Tagen möchte ich in Marktredwitz ankommen, um dann über den prämierten Goldsteig nach Süden zu wandern.