Josef von Eichendorf und das Zöllnerleben – 221. Tag

Großbaustelle am Rheinuferweg

Riedmatt – Weil am Rhein / 27.10.2010 / 221. Tag

Vom Hotel in Riedmatt sind es nur wenige Meter zum Rheinuferweg. Die Wasservögel scheinen noch zu schlafen. Auf bunten Herbstblättern liegen die ersten Sonnenstrahlen. Der Wanderweg direkt am Rhein lässt mich auf einen tollen Wandertag hoffen. Doch der Schein trügt. Die Idylle ist jäh dahin, als nach wenigen Kilometer die ersten Fabrikgebäude rechter Hand sichtbar werden. Hinzu kommt die Großbaustelle des Rheinkraftwerks Rheinfelden. Das alte Kraftwerk ist abgerissen worden, das neue entsteht. Der Wanderweg führt mitten durch die Großbaustelle. Riesige Schaufelbagger und LKW-Ungetüme mit großen Ladeflächen machen neben vielen anderen Gerätschaften einen ungeheueren Lärm. Erschreckt zieht Emma an der Leine. Sie will weg, genau wie ich. Es dauerte aber eine geraume Zeit, bis wir die Baustelle hinter uns haben.

Biberspuren am Rheinufer

Kurz vor Rheinfelden erhalte ich von zwei Joggerinnen den Tipp auf Schweizer Seite weiter zu wandern. An der alten Brücke im deutschen Rheinfelden überquere ich den Rhein Richtung schweizerisches Rheinfelden. Die Europa-Fahne weht am deutschen Brückenzollgebäude.

Aus beiden Seiten überqueren Menschen die Brücke. So ähnlich mag es damals gewesen sein, als Josef von Eichendorf 1826 das tägliche Dienstleben eines Zöllners beschrieb: „Den ganzen Tag (zu tun hatte ich nichts) saß ich daher auf dem Bänkchen vor dem Hause in Schlafrock und Schlafmütze, rauchte Tabak und sah zu, wie die Leut` auf der Landstraße hin und her gingen, fuhren und ritten“.

Auf der rechten Seite der Brücke wehen die Fahnen aller Bundesländer Deutschlands, auf der linken Seite die Fahnen der Schweizer Kantone. Am Brückenkopf lockt ein Cafe mit traumhaften süßen Verführungen. Ich widerstehe – ziehe mit Emma weiter. Zum letzten Mal wandern wir am Hochrhein Richtung Westen. Am Kraftwerk in Augst wechseln wir nochmals die Seiten.

Dann beginnt ein langer Asphaltweg Richtung Wyhlen und Grenzach. Hinter Grenzach kommen wir dem Rhein nochmals sehr nahe, ehe wir nach Norden zum letzten Mal ein kleines Stück durch die Schweiz wandern. In Riehen bringen mich nette Menschen immer wieder auf den rechten Pfad. Zweimal überqueren wir die „Grüne Grenze“ ohne es wirklich zu bemerken.

In Riehen treffen wir auf den Johann Peter Hebel-Wanderweg, der von Basel zum Feldberg im Schwarzwald verläuft. Hebel wurde am 10. Mai 1760 in Basel geboren und starb am 22. September 1826 in Schwetzingen. Der Dichter, Lehrer, Theologe und Kirchenpolitiker schrieb aus Sehnsucht nach seiner Heimat Basel und dem Wiesental, nördlich von Lörrach, Gedichte in alemannischer Mundart. Seine 1803 erstmals erschienen „Alemannischen Gedichte“ machten den Dialekt literaturfähig. Als Kalendermann verfasste er zum Teil schwankhafte Kurzgeschichten mit treffsicheren Sprachkraft. Eine Auswahl seiner Geschichten findet sich in der Sammlung „Schatzkästlein des Rheinländischen Hausfreundes“ von 1811, die seit dieser Zeit unzählige Male nachgedruckt wurde.

Mit Emma überquere ich den Fluss Wiese und befinde mich am Ortsrand von Weil am Rhein. Vor einigen Wochen bin ich im Südosten Deutschlands aufgebrochen, um vom Osten Richtung Westen zu wandern. Heute geht diese Ost-West-Passage zu Ende. Ich bin mit Emma im Südwesten angekommen. Morgen wollen wir nach Norden weiterwandern. Das so genannte „Markgräfler Wiiwegli“ soll uns auf dem Weg Richtung Staufen bringen.

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