Ein Tag zwischen extremer Anstrengung und mentaler Stärke – 101.Tag

Die längste Kopfsteinpflasterpassage meines Lebens

Hohendorf – Wolgast / 29.06.2010 / 101. Tag

Der heutige Tag ist ein absolutes Kontrastprogramm zum Vortag. Als ich in Hohendorf am Schloss aufs Fahrrad steigen will, rennt Emma in den angrenzenden Garten des Grafen von Klot-Trautvetter. Tags zuvor hatte der Graf Emma erlaubt im Garten zu spielen. An diesem Morgen ist jedoch die Frau des Grafen im Garten und vertreibt Emma lautstark und Worten, die ich hier nicht wiederholen möchte, von ihrem Grundstück. Es fällt mir schwer ihren rüden Umgangston mit der herzlichen und freundlichen Art des Grafen in Einklang zu bringen. Also versuche ich den Vorfall zu vergessen und die angenehme Atmosphäre von gestern in Erinnerung zu behalten.

Auch der Radweg ist enttäuschend. Die Wegstrecke wird schlechter, der Verkehrslärm nimmt zu. Die alte Hansestadt Stralsund muss ich komplett durchqueren. Die Beschilderung des Weges verliert sich. Immer wieder muss ich nach dem rechten Weg fragen. Ich will Richtung Greifswald. Hinter Stralsund radle ich über Voigdehagen und Devin über dickes Kopfsteinpflaster und Betonplatten. Ich werde ordentlich durchgeschüttelt. Als ich kurz hinter Devin die Wegtrasse des Ostsse-Küsten-Radweges wieder gefunden habe, glaube ich es geschafft zu haben, aber weitere fünfundzwanzig Kilometer Kopfsteinpflaster warten auf mich. Für diese Strecke benötige ich zweieinhalb Stunden! Immer wieder muss absteigen, um meine Handgelenke zu lockern. Es ist die längste Kopfsteinpflasterstrecke die ich jemals in meinem Leben geradelt bin. Hinzu kommt, dass diese alte Landstraße zwischen Stralsund und Greifswald parallel zur neuen stark befahrenen Bundesstraße verläuft.
Alte Tugenden muss ich in mir wachrufen: Quälen, beißen, kämpfen. Immer wieder den inneren Schweinehund besiegen. Es wird eine Tour zwischen extremer körperlicher Anstrengung und einer ungeheueren mentalen Stärke: ich schaffe es!
In Greifswald am alten Hafen kann ich mich endlich erholen. Ich weiß nicht wie viel Zeit ich dort verbringe. Aber ich schließlich bin ich wieder fit erhole und fahre entlang der Ryck bis Eldena, um bei einem Eis die alte aufklappbare Holzbrücke über den Fluss zu bestaunen.

Zwischen Kemnitz und Neuendorf verlasse ich den Radweg. Schattige Alleen mit altem Baumstand geben mir das Gefühl durch einen Laubtunnel zu fahren. Ohne den dazugehörigen Autoverkehr wäre es eine Traumroute. Nach dem Duschen falle ich in meinem Zimmer in Wollgast direkt in einen Tiefschlaf.

 

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