Arnis an der Schlei, die kleinste Stadt Deutschlands – 89. Tag

Verträumte Buchten am langen Meeresarm der Schlei

Unterwegs an der Schlei / 17.06.2010 / 89. Tag

Mein langer gestriger Wandertag mit Emma endete in Maasholm bei Michaela und ihrem Hund Krümel-Lotta. Wir haben uns vergangenes Jahr im Schwarzwald kennen gelernt. Als ich ihr von meinem Vorhaben erzählte, Deutschland zu umrunden, hatte sie mich spontan eingeladen. Sie ist in Schleswig-Holstein, dem Land zwischen den Meeren, aufgewachsen. In den nächsten drei Tagen wird sie mir ihre Heimat zeigen.
Oberhalb von Maasholm beginnt ein 35 Kilometer langer Meeresarm der Ostsee: die Schlei. Verträumte Buchten und Ortschaften machen die Landschaft zwischen Schlei und Ostsee zu einem einmaligen Naturerlebnis.
Mit rund 350 Einwohnern ist Arnis die kleinste Stadt Deutschlands. Arnis besteht im Wesentlichen aus der „Langen Straße“, einer von Linden besäumten Straße, die sich fast über die gesamte Länge der Stadt erstreckt. Die eng aneinander gereihten Häuser bestehen zum Teil aus Fachwerkbauten. Die Vorbauten, die so genannten „Utluchten“ prägen das Bild der Straße ebenso. Mittendrin ein kleiner Kunstladen mit üblichen Motiven der Region. Daneben Bilder mit seltsamen Zeichen und Schriften, die meine Neugier wecken. Das Atelier „Kunst in Arnis“ gehört Brigitte Wollert (www.kunst-in-arnis.de). Brigitte Wollert erzählt begeistert von ihren Jahren in China wo sie fünf Jahre gelebt, um dort die Kunst der chinesischen Malerei zu lernen. Ein Bild besteht in China aus drei Hafen von Maasholm werde ich bereits mit Emma erwartet.

Komponenten: dem Objekt das gemalt wird, einem handgemalten Stempel und kalligrafischen Schriftzeichen.
Am Nachmittag wirft das Sonnenlicht einzigartige Glitzerpunkte auf das Wasser der Schlei, darüber ziehen Segelboote wie hingemalt. Postkartenidyll.

Nur wenige Kilometer von Arnis liegt direkt am Ufer der Schlei das schönste Dorf an der Schlei: Sieseby. Die alten Fachwerkhäuser sind allesamt mit Reet gedeckt und versetzen den Betrachter in eine andere Welt. Mitte des 19. Jahrhunderts erwarb die herzogliche Familie Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg das Schleidorf für 615.000 Reichstaler von dem Kaufmann Gustav Anton Schäfer. Dieser hatte das Dorf zuvor grundlegend saniert.

Unterwegs an der Schlei / 18.06.2010 / 90. Tag
Der vielleicht schönste Ort an der Schlei ist der Schleswiger Holm. Die Anfänge dieser kleinen Fischersiedlung reichen über tausend Jahre zurück. Der Holm liegt nur wenige Schritte entfernt von der Altstadt Schleswigs und vom Stadthafen. Die Gärten einiger Häuser reichen bis zum Ufer der Schlei. Von dort konnten die Schleifischer direkt zu ihren Fanggebieten aufbrechen.
Über schmale Pfade entlang kleiner aneinander gereihter Fischerhäuser gelangt man an einigen Stellen direkt ans Wasser der Schlei. An diesem Morgen waschen junge Männer Netze aus, mit denen in der Schlei noch Aale gefangen werden. Hier treffe ich den siebzigjährigen Adolf Nanz, dessen Familie seit dem 15. Jahrhundert in der Fischerei tätig ist. Seine Vorfahren stammen aus dem französischen Nantes. Infolge der Hugenottenvertreibung fanden sie hier eine Bleibe. Adolf Nanz erzählt von seinem Leben, der Familie und dem Fischfang. Er zeigt mir ein Foto: Er beim Fischen, in seinem Fischerboot sitzend, umgeben von Wasser und Möwen. Eine tolle Aufnahme. Sie stammt von Thomas Raupach (www.thomas-raupach.de) aus Hamburg, der das Foto bei einem europäischen Wettbewerbs für Fotografen eingereicht hat.
Umgeben von den Häusern der Fischer ist der Friedhof mit Kapelle der zentrale Teil des Holms. Holm ist berühmt für seine Totengilde, die „Holmer Beliebung“, deren Mitglieder auf dem eigenen Friedhof kostenfrei bestattet werden konnten. Die Gilde wurde 1650 nach dem Dreißigjährigen Krieg gegründet, um sich in schweren Zeiten gegenseitig zu helfen. Noch immer findet hier jährlich am zweiten Sonntag nach Pfingsten eine „Beliebungsfeier“ statt. Zu diesem Anlass ziehen die Mitglieder der Gilde festlich bekleidet mit Zylinder auf dem Kopf durch den Holm.
Etwas außerhalb von Schleswig steht das Wikinger Museum Haithabu. Es ist eines der bedeutendsten archäologischen Museen Deutschlands. Ibrahim ibn Ahmed At-Tartuschi schreibt um 995 n. Chr.: „HAITHABU IST EINE SEHR GROSSE STADT AM ÄUSSERSTEN ENDE DES WELTMEERES“. Vom 9. bis 11. Jahrhundert, war diese mittelalterliche Stadt eines der wichtigsten Handelszentren Nordeuropas. Im Museum und im Freigelände mit rekonstruierten Wikingerhäusern kann man sich mit allen Sinnen in die Welt der Wikinger zurückversetzen.

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