Regina, die Eisverkäuferin steht an der alten Ost-West-Grenze
Wismar – Ribnitz-Damgarten / 27.06.2010 / 99. Tag
Als ich am frühen Sonntagmorgen die Hansestadt Wismar verlasse, wärmen die Sonnenstrahlen bereits spürbar. Keine Wolke ist am Himmel zu sehen. Bis zum Ostseebad Rerik muss ich zunächst nach Norden durch eine leicht wellige Küstenlandschaft radeln. Hinter Wismar führt der Weg durch eine alte Lindenallee. Ich genieße den intensiven Duft der Lindenblüten. Kurze Zeit danach sind die Wiesen übersät von rotem Klatschmohn. An den Randstreifen der Weizenfelder blühen unzählige blaue Kornblumen. Eine Landschaft wie hingemalt, wenn plötzlich auf einer Kuppe am Horizont die Ostsee auftaucht. Die ersten kleinen Segelboote haben Fahrt aufgenommen. Ich kann mich nicht satt sehen an diesen Bildern. Die Beine scheinen sich von alleine zu bewegen. In Stove halte ich kurz an, um eine der alten restaurierten Windmühle zu fotografieren.
An diesem Morgen radle ich durch kleine Ortschaften und Dörfer deren Namen ich noch nie gehört habe: Redentin, Wodorf oder Blowatz, Pepelow, Teßmannsdorf oder Roggow. Zwischen den Ostseebädern Kühlungsborn und Heiligendamm verläuft der Weg direkt an der Steilküste. Wo die Steilküste beginnt, verkauft Regina mit ihrem Eismobil selbst gemachtes Eis. Der ideale Zeitpunkt für eine Pause. „Das Eis ist mit viel Liebe gemacht“, verkündet sie. Es schmeckt köstlich. Einige Taucher kommen vom Strand. „Früher“, so erzählt sie, „als es die DDR noch gab, mussten wir abends um 22.00 Uhr den Strand verlassen. Da kam die Polizei und hat uns weggeschickt. Die hatten Angst es würde sich jemand ein Floß bauen, um sich nach Dänemark abzusetzen.“ Regina muss Eis verkaufen und ich muss weiter. Wir winken uns zu, dann bin ich weg.
Über Heiligendamm und Nienhagen erreiche ich schließlich Warnemünde. Die Fähre bringt mich zur Hohen Düne. Nach mittlerweile fünfeinhalb Stunden Fahrt in sengender Hitze bin ich müde. Meine Beine schmerzen. Trotzdem geht die Fahrt weiter, jetzt durch kühle Waldpassagen nach Graal-Müritz. Dort trinke ich einen Kaffee und esse dazu ein Stück Erdbeerkuchen. Über Klein-Müritz Neuheide und Körkwitz erreiche ich nach sieben Stunden Ribnitz-Damgarten. Als ich unter der Dusche stehe fällt das erste Tor für die deutsche Fußballnationalmannschaft gegen England. Nach dem Abendessen schlafe ich mit meinen Kleidern auf dem Bett ein. Für heute „habe ich fertig“.