Das untere Odertal ist der einzige Flussauen-Nationalpark – 107. Tag

 

200.000 Wasservögel ziehen im Herbst oder Frühjahr durch die Oderniederung

Krackow – Gartz / 05.07.2010 / 107. Tag

Es dämmert noch, als ich mit Emma früh morgens auf Strecke gehe. Es wird ein ereignisreicher Tag, vor allem für Emma. Wir sind nur kurze Zeit unterwegs, als sich ein Dachs durch die Wiesenböschung davonschleicht. Emma hat die Witterung des Dachses noch in der Nase, als direkt vor uns eine Füchsin mit ihren beiden Jungfüchsen herumtollt. Wir bleiben stehen und beobachten aus einer angemessenen Entfernung. Emmas Zug an der Leine wird stärker. Als uns die Füchsin bemerkt bringt sie ihre Kleinen in Sicherheit.

In Penkun fotografiere ich das Schloss. Ein Autofahrer fährt langsam vorbei, um mir mitzuteilen, dass die Stadt das Schloss verkaufen wolle. Wenn ich interessiert sei, dass Amt sei um diese Zeit allerdings noch nicht geöffnet. Lacht und fährt davon.

Auch heute verläuft der Weg meist über Asphalt auf Radwegen und wenig befahrenen Landstraßen. Zwischen Penkun und Tantow beginnt der Nationalpark Unteres Odertal, die Oder ist hier jedoch noch nicht zu sehen.

Das untere Odertal im Norden Brandenburgs unmittelbar an der deutsch-polnischen Grenze ist eine der wenigen naturnahen Flussauen Mitteleuropas. Es ist der einzige Flussauen-Nationalpark der 14 deutschen Nationalparks. Die Auen sind ein wichtiges Brut-, Rast- und Überwinterungsgebiet für Vögel. Etwa 200.000 Wasservögel ziehen im Herbst oder Frühjahr durch die Oderniederung, bis zu 120.000 verschiedenartige Gänse rasten hier alljährlich. Im Oktober suchen für einige Wochen bis zu 15.000 Kraniche hier ihre Schlafplätze auf.

Über einen staubigen Feldweg ereiche ich mit Emma losgeleint die alte Wassermühle „Salvey Mühle.“ Die Mahlsteine der 750 Jahre alten Mühle drehen sich schon lange nicht mehr. Das liebevoll restaurierte Gebäude bietet müden Wanderer und Radfahrern einen Schlafplatz in ökologisch ausgebauten Schlafräumen. Emma entdeckt die Hauskatze früher als ich und sprintet hinterher. Nach einer Weile kommt Emma schwanzwedelnd zurück. Die Katze hat sich in Sicherheit gebracht.

Karl Menanteau,  Bürgermeister von Mescherin

Hinter der Mühle geht es leicht bergan. Wir überqueren eine Landstraße und wandern bergab über einen so genannten Spurplattenweg nach Mescherin direkt an der Oder. Eine renovierungsbedürftige Stahlbrücke verbindet Mescherin mit den polnischen Nachbarn. Ich überquere mit Emma die Brücke. Die Grenzstationen von Deutschland und Polen sind geschlossen. Ein Schnappschuss vom Wegweiser nach Gryfino in Polen und ich wandere mit Emma wieder zurück nach Deutschland. Später erfahre ich, dass alljährlich ein Freundschaftslauf zwischen Mescherin und Gryfino stattfindet.

Beim Spaziergang am Oderufer begegnet mir Karl Menanteau, der Bürgermeister von Mescherin. Seine Vorfahren waren Hugenotten aus Tours. Heute ist er mit dem Fahrrad unterwegs. Er wird von Mitarbeitern des Naturschutzes erwartet. Nach kurzem Gespräch wünscht er mir einen guten Weg, der mich heute noch ins vier Kilometer entfernte Gartz bringen soll.

Unterwegs am Oderufer versuchen Scharen von Stechmücken bei mir und Emma ihr Glück. Emma ist in eine wahre Stechmückenarmada eingehüllt. Sie wehrt sich mit ihrem Schwanz und heftigem Kopfschütteln. Wir beschleunigen unser Tempo noch einmal, um dem schwülen, nassen Wald zu entkommen. Als wir Gartz erreichen ziehen Störche ihre Bahn über uns. Am Stadtrand direkt am Oderufer wartet Stefanie Schmidt mit Freiluftcafe und Flussbar „DAS SÜSSE LEBEN“ auf Gäste. Aber davon werde ich morgen berichten.

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