Emma ist begeistert und rast durch den Schnee – 201. Tag

Auf dem Gipfelplateau sind Menschen aus aller Herren Länder

Garmisch-Partenkirchen – Zugspitze – Garmisch-Partenkirchen / 07.10.2010 / 201. Tag

Blauer Himmel über der Zugspitze

Schwere Eisentüren fallen krachend ins Schloss. Das Abfahrtsignal ertönt. Wir sitzen in der blauweiß angestrichenen Zugspitzbahn. Das schlechte Wetter der letzten Wochen ist vergessen. Keine Wolke ist zu sehen. Die Sonne steigt hinter den Bergen in den blauen Himmel und wärmt bereits mit ihren ersten Strahlen. Eine Traumkulisse im Tal mit Blick nach oben. Wie ein Adlerhorst klebt auf Deutschlands höchstem Berg die Endstation. Die Anzeigetafeln im Waggon verkünden 7 Grad plus und 120 Kilometer Fernsicht. So hatte ich mir den Aufenthalt auf der Zugspitze gewünscht. Jetzt wird er Wirklichkeit.

Über die Bahnhöfe Hausberg, Kreuzeck, Hammersbach, Grainau und Eibsee fahren wir mit der Zahnradbahn leicht bergan. Dann wird es steil. Am Riffelriss verschwinden wir im Berg, die Bahn quält sich durch einen schmalen Tunnel steil nach oben. Das Zugspitzplatt erreichen wir auf 2600 Meter. Wir müssen umsteigen. Von hartem Gestein in schwankende Kabinen. Auf dem Weg zur Kabinenbahn der erste Schnee. Emma ist begeistert und rast durch den Schnee.

Die restlichen dreihundert Höhenmeter zum Gipfel erreichen wir schwebend über steilem Fels. In kurzer Zeit hat uns die Gletscherbahn nach oben gebracht. Die Luft ist dünner geworden. Im Restaurant gönnen wir uns eine kurze Pause mit verglastem Panoramablick. Wir sind auf 2962 Meter, der höchste Punkt meiner nun bereits sechseinhalb Monate dauernden Deutschlandwanderung. An den Fenstern des Restaurants sind Hinweise mit Kilometerangaben angebracht: Lübeck 730 km, Kopenhagen 930 km, Schottland 1380 km, Oslo 1390 km, Russland 2150 km, Grönland 3180 km, Tibet 5800 km, Taiwan 9750 km.

Auf dem Gipfelplateau sind Menschen aus aller Herren Länder. Emma wird immer wieder angestrahlt und gestreichelt. In Deutschlands höchst gelegenem Biergarten herrscht Hochbetrieb. Wir machen einen Abstecher nach Tirol. Die Landesgrenze zwischen Deutschland und Österreich verläuft über den Gipfel. Der Grenzgänger ist der Grenze wieder einmal sehr nahe. Die Sicht von der Zugspitze ist atemberaubend, nach Süden, Westen und Osten ist keine Wolke zu sehen. Hunderte von Berggipfel, mal schroff mal abgerundet, mit und ohne Schnee, ragen in die Höhe. Richtung Norden liegt Deutschland unter einer Wolkendecke. Es ist windstill.

Auf dem Dach des Terrassencafes werkeln Dachdecker in luftiger Höhe. Sie sind angeseilt, jeder Tritt ein Wagnis, Grenzerfahrungen ganz anderer Art.

Die Eibsee-Seilbahn bringt uns wieder ins Tal. Von dort geht es mit der Bahn zurück nach Garmisch-Partenkirchen. In der Fußgängerzone gönnen wir uns ein Eis. Zur Belohnung. Erste Windböen des Tages treiben trockenes Laub durch die Straßen. Zwei Stunden später ist die Zugspitze in eine dicke Wolkendecke eingehüllt.

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