Der Watzmann zeigt sich in voller Größe – 183. Tag

Salzgeschichte im Berchtesgadener Land

Bad Reichenhall – Berchtesgaden / 19.09.2010 / 183. Tag

Die Wetterprognose von gestern trifft zu. Fast alle Wolken haben sich über Nacht auf und davon gemacht. Zu Beginn unserer Wanderung versperrt dichter Hochnebel die Sicht auf die Bergriesen um uns herum. In Bad Reichenhall verlasse ich mit Emma die Saalach, um in südöstlicher Richtung nach Berchtesgaden zu wandern. Dort werde ich drei Tage auf den Spuren meiner Großmutter unterwegs sein. Aber davon morgen mehr.
Die historischen Wurzeln von Bad Reichenhall reichen weit in die Vergangenheit zurück. 1159 wurde Reichenhall urkundlich erstmals als „Stadt“ (civitas) bezeichnet, wobei Bad Reichenhall schon auf eine über 4000 Jahre alte Salzgeschichte zurückblicken kann. Leider bleibt keine Zeit die Stadt zu erkunden.
In der Tourismuszentrale entdecke ich ein interessantes Plakat: Zum Gedenken an die verstorbenen Zöllner und Zöllnerinnen findet alljährlich am dritten Sonntag im September am Pfaffenkegel die Zöllner-Bergmesse statt. Diese Tradition ist zurückzuführen auf den tragischen Bergtod des Zollbeamten Albert Hirschbichler im Jahre 1959. Zu seinem Gedenken steht auf dem Pfaffenkegel ein Kreuz. In diesem Jahr findet die Bergmesse zum 48. Mal statt. Leider bin ich zu Fuß auf dem Weg nach Berchtesgaden unterwegs. Ich hätte sehr gerne an der Bergmesse teilgenommen.
In den letzten Tagen haben zwei Frauen meinen Weg gekreuzt, deren Lebensplanung und Lebensvorstellung unterschiedlicher nicht sein können. Maria kam als 16jährige durch die Wirren des Balkankrieges von Kroatien nach Deutschland. Ihr Vater arbeitete in Hamburg, sie fand ein Heim bei ihrer Tante in Heidelberg. Mit achtzehn Jahren wollte sie selbständig sein, eigenes Geld verdienen und ihr Leben selbst bestimmen. Seit dieser Zeit arbeitete sie in verschiedenen Regionen Deutschlands in der Gastronomie. „Dort wo ich mich wohlfühle“, erzählt sie mir, „bin ich zu Hause“. Vielleicht wird sie einmal nach Kroatien zurückkehren. Wer weiß wohin der Wind sie treibt.
Renate treffe ich am Ufer der Salzach. Sie ist mit dem Fahrrad und ihrem Hund Benny unterwegs. In Bad Reichenhall geboren, hat sie niemals die nähere Umgebung ihrer Geburtsstadt verlassen. „Der Wunsch war da, aber ich habe mich nie getraut aus meiner Heimat wegzugehen“, erzählt sie mir, während Emma und Benny herumtoben. Nun lebt sie in der Nähe mit ihrem Mann und den zwei Kindern und ist zufrieden so wie es gekommen ist. Lange Ausflüge mit ihrem Hund und die Tätigkeit als Fitnesstrainerin sind ein wichtiger Ausgleich zum Familienleben.
Die Bundesstraße 20, die Bad Reichenhall mit Berchtesgaden verbindet, ist während der Wanderung meistens in hörbarer Nähe. Kurz vor Hallthurm wird sie dann auch überquert. Der Weiler Hallthurm hatte in früheren Zeiten eine wichtige strategische Bedeutung: „Der kriegerische Einfall von Reichenhaller Bürgern in Berchtesgaden und die Zerstörung der dortigen Saline führte um das Jahr 1194 zur Errichtung einer Sperranlage. Ein zentral gelegener Turm mit Torhaus richtete sich gegen Reichhall – damals Hall genannt – und daher auch die Bezeichnung Hallthurm. Gleichzeitig sollte er das Land der Augustiner-Chorherren von Berchtesgaden vor weiteren feindlichen Übergriffen schützen. Bei der Standortwahl entschied man sich für die engste Stelle zwischen Unterberg und Lattengebirge“.
Eine alte Säule mit Kilometerangaben zeigt uns in Hallthurm an, dass wir noch 11,2 Kilometer bis Berchtesgaden unterwegs sein werden. Auf dem Maximiliansweg wandern wir weiter über Bischofswiesen nach Berchtesgaden. Vom Speisesaal meiner Unterkunft zeigt sich der Watzmann in voller Größe. Morgen werde ich mit Emma zum Königssee wandern, um mit dem Schiff nach St.Bartholomä zu fahren.

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