Ausspannen in der Dreiflüssestadt Passau
1. Ruhetag in Passau / 08.09.2010 / 172. Tag
In Passau werde ich die nächsten zwei Tage ausspannen. Wegen ihrer Lage an den Flüssen Donau, Inn und Ilz nennt man Passau die Dreiflüssestadt. Wo man hinschaut: Ausflugsboote, die unzählige Touristen während des gesamten Tages über die Flüsse fahren. Auch große Kreuzfahrtschiffe liegen bereit, um mit ihren Gästen die Strecke von Passau nach Wien zu absolvieren.
Durch die verwinkelten Gassen der Passauer Altstadt schlendere ich mit Emma über malerische Plätze und endlos lange Promenaden. Am höchsten Punkt der Altstadt erhebt sich der Stephansdom. Der Dom besitzt mit 17.974 Pfeifen bei 233 klingenden Registern und vier Glockenspielen die größte katholische Kirchenorgel der Welt.
Das Glasmuseum im „Wilden Mann“ zeigt eindrucksvoll die über 250 jährige Geschichte des böhmischen Glases. Über 30.000 Exponate schildern die Eleganz und Vielfalt der Glasindustrie, vom Barock, Rokoko, Empire, Biedermeier, Historismus Jugendstil, Art Deco bis zur Moderne.
Hoch über Passau liegt auf dem Georgsberg die Veste Oberhaus, eine der größten erhaltenen Burganlagen Europas. Hier erhält man Einblicke in das mittelalterliche Leben auf der Burg sowie die facettenreiche Geschichte der Stadt und der gesamten Region. Multimediale Inszenierungen, Hörbilder und Rekonstruktionen historischer Ereignisse machen hier Geschichte hautnah erlebbar. Von der „Batterie Linde“ hat man einen der schönsten Aussichten auf die Dreiflüssestadt.
Wegen der besonderen Lage an drei Flüssen ist Passau auch Knotenpunkt nationaler und internationaler Fernradwege. Ich selbst bin vor über zwanzig Jahren den Donauradweg von Passau nach Wien geradelt. Von der Quelle der Donau in Donaueschingen führt ebenfalls ein Radweg bis Passau, ebenso der Römerradweg „Via Danubia“ von Bad Gögging nach Passau. Die Tour de Baroque bringt die Radler von Neumarkt in der Oberpfalz ebenfalls nach Passau. Der Inntalradweg startet in Passau und endet im schweizerischen Maloja. Der Inn-Salzach-Tauernradweg verbindet Passau und Salzburg. Ab Freitag werde ich einige Etappen auf diesem Weg zurücklegen.
Aber jetzt heißt es erst einmal ausruhen, entspannen, Füße hochlegen und eine kleine Rückschau halten. Seit fast fünfeinhalb Monaten bin ich gemeinsam mit Emma auf unserer nonstop-zuFuß-Deutschlandumrundung. Keinen einzigen Tag davon möchte ich missen. Jeder Tag hatte seine eigene Dramaturgie, jeder Tag hatte seine besondere Würze und jeden Tag bin ich entlang der deutschen Grenze wunderbaren Menschen begegnet. Glücksgefühle, die ich kaum beschreiben kann. Nur wer bereit ist, mit allen Sinnen jeden einzelnen Tag mit offenen Armen zu empfangen, sich einzulassen auf das Jetzt, wird das erleben, was ich in den letzten Monaten erleben durfte. Die Tage davor sind Geschichte, die Tage die kommen sind Zukunft. Der Moment zählt. Manchmal sind es nur kurze Augenblicke, Hörbilder, landschaftliche Breitbandbildschirme oder der Geruch und Geschmack einer Landschaft. Mal ist es das leise Gurgeln eines namenlosen Baches das mich fasziniert, mal der Blick bis weit über den Horizont oder in ein stilles Tal. Dann ist es der intensive Geschmack der Waldbeeren oder der süße Duft der Wildrosen am Wegesrand. Aber das Wichtigste sind die Menschen. Mein langer Weg ist wie eine Perlenkette, die ich um den Hals trage. Die Menschen die mir begegnen sind die Perlen an dieser Kette. Ich hoffe, dass ich in den nächsten Wochen, auf meinem Weg nach Hause, noch vielen Perlen begegnen werde.