Drei verschiedene Wege führen über den Erzgebirgskamm
Zinnwald – Deutschgeorgenthal / 07.08.2010 / 140. Tag
Nach intensivem Kartenstudium des Erzgebirges habe ich erkannt, dass ich drei Möglichkeiten habe grenznah Richtung Südwesten zu wandern. Den traditionellen Kammweg mit blau-weißer Markierung gekennzeichnet, den Fernweg Eisennach – Budapest mit rot-weißer Markierung, sowie den Fernweg der Deutschen Wiedervereinigung (WDE), der über verschiedene Wegtrassen gelegt worden ist. In den nächsten Tagen werde aus diesen Wegen den jeweils passenden für meine persönliche Wegführung aussuchen können.
Der Regen hat etwas nachgelassen. Ich stehe mit Emma im dichten Nebel in Zinnwald. Ein Gemisch aus kühler Luft, Nebel und Regen schlägt uns entgegen. Emma scheint mir signalisieren zu wollen, dass sie keine Lust hat. Nebel ist ihr unheimlich. Wir gehen trotzdem los. Der kleine und große Lugstein bleiben im Nebel verborgen. Der Hinweis „lug ins Land“ trifft heute voll daneben. Auf den Weg durchs Georgenfelder Hochmoor hatte ich mich gefreut. Es ist das einzige sehenswerte und touristisch erschlossene Hochmoor des Osterzgebirges. Das grenzüberschreitende Hochmoor mit einer Gesamtfläche von 120 ha befindet sich zu einem Zehntel auf sächsischem Gebiet, der größere Teil reicht weit bis Böhmen.
Wir ziehen die Köpfe ein und beeilen uns bergab. Die Häuser von Rehefeld-Zaunhaus kann ich im dichten Nebel nur vage ausmachen. Hinter Neu-Rehefeld ist unser Wanderweg auch Grenzweg zwischen Deutschland und der Tschechischen Republik. Die ehemalige Bahnstrecke führte früher direkt nach Moldau.
Anfang Juni erreichte mich eine Mail aus Kiel. Alexander Sy schrieb mir, dass er mich gerne kennen gelernt hätte, auf meinem Weg „Rund um Deutschland“. Der leidenschaftliche Langstreckenwanderer, wie er sich selbst bezeichnet, will auf seiner diesjährigen Wanderung von der Nordsee über Hessen, Franken, Sachsen bis ins Riesengebirge. In diesen Tagen müsste sich Alexander Sy auch auf dem Kammweg durchs Erzgebirge, irgendwo zwischen Klingenthal und Königsstein befinden. Ich bin gespannt ob wir uns treffen.
Meine Mittagsrast ist in Rechenberg-Bienenmühle geplant. Dort wird in der Privatbrauerei Meyer seit über 450 Jahren Bier gebraut. Mit Andreas Meyer hatte ich gestern telefoniert. Ich hätte ihn gerne zum Gespräch getroffen. Leider ist er für einige Tage unterwegs.
In direkter Nachbarschaft des Rittergutes Rechenberg erhielt die Traditionsbrauerei am 10. September 1558 das Braurecht. 1872 übernahm Karl Reinhard Meyer als Pächter die Brauerei. Vier Jahre später kaufte er sie. Damit nahm das Familienunternehmen unter dem späteren Firmennamen „Brauerei und Malzfabrik – Rechenberg Bienenmühle, Reinhard Meyer und Sohn“ seinen Anfang. Nach der Deutschen Wiedervereinigung wurde die Brauerei durch die Brüder Andreas und Thomas Meyer 1990 reprivatisiert. Ein Komplettneubau der Brauerei wurde bereits ein Jahr später beschlossen. Durch diesen Neubau eröffnete sich die Gelegenheit, die Historische Brauerei in ihrer Gesamtheit als Technisches Denkmal zu erhalten.
Das Sächsische Brauereimuseum Rechenberg ist auch an diesem verregneten Samstag gut besucht. Im Schalander der alten Brauerei sitze ich mit Emma und probiere den Hausschoppen. Wir haben heute nur noch wenige Kilometer zu gehen. In Deutschgeorgenthal direkt am Hotel-Restaurant Grenzhof mit Blickkontakt nach Tschechien endet unser Wandertag. Für morgen hoffen wir auf besseres Wanderwetter.